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Muslim Firas Zabdeh (17) aus Oschatz: „Ich fühle mich hier nie ausgegrenzt“

abjgbfgbGymnasiast sagt nach Anschlägen in Brüssel: Radikalen Islamisten geht es um Macht und Einschüchterung (von Christian Kunze)

Noch Tage nach den Anschlägen in Brüssel dominieren die Ermittlungen dazu die Schlagzeilen. Nachdem sich Mitglieder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) als Täter bekannt haben, ist Vor- und Pauschalurteilen gegenüber dem Islam als Religion Tür und Tor geöffnet.

Firas Zabdeh (17) ist Schüler in Oschatz und Moslem, stammt aus Palästina. Er warnt davor, alle Muslime als Fanatiker abzustempeln. Genau wie sein Bruder, ein erfolgreicher Fußballspieler, ist er in Deutschland geboren und aufgewachsen. „Ich fühlte mich hier nie ausgegrenzt, im Gegenteil“, sagt der Gymnasiast, der in den nächsten Tagen sein Abitur ablegt und unter anderem in der Theatergruppe des Thomas-Mann-Gymnasiums zuletzt in einer Hauptrolle mitgewirkt hat. „Ich bin ein Kind zweier Kulturen, der morgenländischen und der abendländischen“, sagt er. Problematisch sei es für ihn nie gewesen. „Ich war nie ausgegrenzt, nur weil ich keinen Alkohol trinke und kein Schweinefleisch esse.“ Unterschiede zwischen beiden „Welten“ hat er, wenn überhaupt, im Naturell der Menschen festmachen können. „Deutschland ist eine Industrienation. Wie alle Staaten des Westens gelten hier vor allem Struktur, Ordnungssinn, Pünktlichkeit und Produktivität als Maßgaben. Nur weil diese rationalen Eigenschaften in arabischen Ländern nicht so eine große Rolle spielen, heißt das nicht, dass ich sie nicht auch schätze.“

Die islamisch geprägten Völker lebten weniger mit dem Kopf als vielmehr mit dem Herzen. „Gastfreundschaft, Nächstenliebe und Miteinander fallen mir zuerst ein, wenn ich an meine Wurzeln denke“, so der Schüler. Seien es Lehrer, Klassenkameraden, Fußballer und deren Eltern, mit denen Firas Bruder Rami regelmäßig zu tun haben – bei allen Begegnungen geht es nicht darum, dass unterschiedliche Religionen das Leben der Aufeinandertreffenden geprägt haben. Nicht alle Muslime sind Terroristen, es sei ohnehin nicht zielführend, Nationen aufgrund ihres Glaubens zu beurteilen. „Religionen sind da, Leuten im Leben weiterzuhelfen. Letztendlich gehören Religionen nicht zu Ländern, sondern zu Menschen. Jeder hat die Freiheit, der Religion seiner Wahl nachzugehen. Also gehören Religionen, solange nicht in fanatischen Zügen ausartend und anderer Leute Rechte einschränkend, zu Deutschland“, antwortet Firas auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre. Tolerante und integrierte Muslime gehören nach seiner Meinung genauso zu Deutschland wie jeder andere deutsche Staatsbürger. Jedoch gibt es trotzdem auch fundamentalistische Anhänger des Islams, welche die Religion auf eine grausame Art und Weise instrumentalisieren. „Dabei geht es meist um Macht, um Einschüchterung oder den eigenen Vorteil dieser Prediger“, sagt der Oschatzer.

Radikale Salafisten oder Selbstmordattentäter sind in seinen Augen von extremen Lesarten des Koran geprägt, die jeder Grundlage entbehrten. Wenn islamischer Terror stattfindet, sterben dabei auch unbeteiligte Moslems. Darüber spreche nur niemand. Stattdessen werde gegen ganze Volksgruppen Stimmung gemacht. Nutznießer von Pauschal- und
Vorurteilen seien Vertreter und Anhänger von Bewegungen wie Pegida oder teils auch der AfD. „Wer sich deren Programm durchliest, merkt schnell, dass es die Einschränkung der Rechte aller vorsieht, die in Deutschland leben – egal, wo sie herstammen.“

Eine Herausforderung sei der Umgang mit dem Islam im Zuge der voranschreitenden Globalisierung. „Je mehr Moslems rund um die Welt unterwegs sind, um so mehr dringt der Islam auch dorthin vor, wo andere Religionen dominieren. Dass beide nebeneinander existieren können, erfordert den Willen, das fremd Erscheinende zu betrachten, zu analysieren und in allen Facetten kennen zu lernen“. In Deutschland profitiere Firas Zabdeh beispielsweise von den Weihnachts- und Osterferien, die auf christlichem Glauben basieren. Andererseits gibt es während des Fastenmonats Ramadan für ihn keine Ferien. Beides gelte es zu tolerieren. Diese Bereitschaft wünscht sich Firas noch verstärkt in seinem Umfeld. Nicht trotz, sondern wegen der Anschläge in Brüssel.

Oschatzer Bündnis kümmert sich um Integration

Oschatz: Das Oschatzer Bündnis für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz kümmert sich seit September 2014 um die Integration der in Oschatz ankommenden Flüchtlinge. Die Mitglieder des Bündnisses haben in den vergangenen Monaten viele Erfahrungen im Umgang mit den Neuankömmlingen sammeln können.

„Wir vertreten im Oschatzer Bündnis die Meinung, dass wir politische Entscheidungen auf höherer Ebene nur schwer beeinflussen können, uns aber um die Menschen vor Ort kümmern müssen“, erklärt Andreas Kretschmar, der sich als Privatperson im Oschatzer Bündnis engagiert. „Mit kümmern meine ich, dass wir als Akteure vor Ort, die Ängste und Bedenken der Oschatzer ernst nehmen müssen. Gleichzeitig suchen wir im Bündnis nach praktikablen Lösungen, damit die Integration funktioniert und die Asylbewerber eine Chance erhalten, unser System zu verstehen“, ergänzt Kretschmar.

Im Oschatzer Bündnis engagieren sich Stadträte aller Faktionen, Vertreter der Kirche und Bürger. Diese Vernetzung garantiert eine abgestimmte Zusammenarbeit aller Akteure, die sich um das Thema Integration in Oschatz kümmern. In politischer Hinsicht ist das Bündnis neutral und vertritt die Auffassung, dass asylsuchende Menschen mit Respekt und Menschlichkeit behandelt werden und die Chance erhalten, unsere Werte und unser System zu verstehen. „Uns ist wichtig, den Asylbewerbern zu erklären, welche Normen und Regeln in Deutschland gelten“, erläutert der Oberbürgermeister Andreas Kretschmar. „Zudem wollen wir die Selbstverantwortung der Asylbewerber stärken“, so Kretschmar.

Im vergangenen Jahr koordinierte das Bündnis zahlreiche Aktionen und Angebote, die eine Integration ermöglichen. Derzeit engagieren sich mehr als 60 Personen im Bündnis und kümmern sich um die beschriebenen Angebote.

Jeder, der Interesse hat, sich zu engagieren, ist herzlich eingeladen! Bei Interesse bitte einfach an info@oschatzer-bündnis.de wenden.

Tanz

Adris Hasan ist Syrer, Familienvater und Arbeitskollege

Fa. Pfennig-Bau beschäftigt Oschatzer Asylbewerber 

Oschatz: Adris Hasan kam im Herbst 2014 mit seiner Familie in Oschatz an. Der Syrer ist Vater von zwei kleinen Kindern. Als Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden flüchtete seine Familie aus Angst vor der Terrorgruppe Islamischer Staat, die Jesiden als „Ungläubige“ verfolgt, versklavt und ermordet. Seit Juli 2015 arbeitet Adris bei der Firma Pfennig Bau in Oschatz.

Der Geschäftsführer David Pfennig wagte das Experiment und nahm gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und der Landkreisverwaltung die ersten Hürden, um eine Beschäftigung zu ermöglichen.

„Ein Grund ist der anhaltende Arbeitskräftemangel. Ein weiter Grund war für mich die Frage, wie die Integration der asylsuchenden Menschen in Oschatz möglichst pragmatisch gelingen kann“, erklärt David Pfennig, Geschäftsführer der Firma Pfennig Bau.

Ausschlaggebend für die Einstellung waren besondere Fertigkeiten in speziellen Putztechniken und beim Verarbeiten von Wärmedämmung die der syrische Flüchtling nachweisen konnte. Neben der Tatsache, dass diese Fertigkeiten in das Angebotsspektrum der Firma Pfennig Bau passten, gab es weitere Einstellungsgründe. „Adris war vom ersten Tag an hoch motiviert. Er sieht Arbeiten von allein, packt mit an und lernt unheimlich schnell“, erläutert David Pfennig. „Ich bin froh diesen Schritt gewagt zu haben. Manchmal ist Hasan etwas übereifrig und wir müssen ihn bremsen und ihm beibringen, was es mit der deutschen Gründlichkeit auf sich hat“, schmunzelt der Unternehmer.

Was bringt die Arbeitsaufnahme unter dem Strich für das große Schlagwort der Integration?

Seit Herbst 2014 kümmert sich das Oschatzer Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit um die Frage, wie die in Oschatz ankommenden Asylbewerber integriert werden können. David Pfennig ist Mitbegründer des Oschatzer Bündnisses. In punkto Arbeit sieht er die größten Chancen für die Vermittlung der deutschen Werte und einer gesellschaftlichen Integration.

„Adris wurde Dank meiner Mitarbeiter von Beginn an in das Team integriert. Er hat Kollegen mit denen er sich austauscht, er verdient eigenes Geld, er möchte etwas zurückgeben, er lernt automatisch wie das Leben in Deutschland funktioniert und ist dankbar für diese Chance“, zählt David Pfennig die Punkte auf, die eine erfolgreiche Integration ermöglichen.

Und noch ein Punkt ist von Bedeutung. Als Adris  Hasan nach Deutschland kam, sprach er kaum ein Wort Deutsch. Durch den Austausch mit den Kollegen ist er in der Lage, sich mühelos auf Deutsch zu verständigen. Egal ob es darum geht, Arbeitsaufgaben zu verstehen und mit den Kollegen abzustimmen oder seinem Chef zu erklären, wie es seinem kranken Bruder geht und wo es bei den Kindern in der Schule klemmt, die Verständigung funktioniert.

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Licht an für Menschlichkeit

Aufruf zu einem respektvollen und achtsamen Umgang miteinander

Licht an für Menschlichkeit

DRESDEN – Angesichts der angespannten gesellschaftlichen Lage und der zunehmend aggressiver werdenden Auseinandersetzungen um Fragen der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik haben die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens und das katholische Bistum Dresden-Meißen heute in Dresden gemeinsam zu einem respektvollen Umgang innerhalb unserer Gesellschaft, insbesondere gegenüber Notleidenden, aufgerufen.

Die Kirchen laden alle dazu ein, mit einer Kerze im Fenster an jedem Sonntagabend ein Zeichen der ganz persönlichen Zustimmung zu einem menschlichen Umgang miteinander zu setzen. Darüber hinaus kann die Aktion mit Plakaten, Postkarten und Aufklebern verbreitet und unterstützt werden. Eine Internet-Plattform wird die Aktion unter www.lichtanfuermenschlichkeit.de begleiten. Rückblickend auf die Ereignisse im Herbst 1989 sehen sich die Kirchen auch heute in der Pflicht, mitten in der Gesellschaft dem damaligen Zuruf „Keine Gewalt!“ durch den Kerzenschein erneut Ausdruck zu verleihen. Die gemeinsame Initiative „Licht an für Menschlichkeit“ wirbt für die Einhaltung demokratischer Grundregeln und für die damit untrennbar verbundene Achtung eines jeden Menschen. Drohungen und Gewalt gegen Andersdenkende, Journalisten, Politiker, Flüchtlinge, Helferinnen und Helfer zerstören die Grundlagen unserer demokratischen Kultur und stehen im Gegensatz zur christlichen Botschaft der Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit.

Landesbischof Dr. Carsten Rentzing fand in seiner Predigt am 25. Oktober in der Dresdner Frauenkirche deutliche Worte: „Wir werden als Kirche Jesu Christi nicht stumm danebenstehen, wenn geistige Brandstifter durch unser Land ziehen und eine Stimmung des Unfriedens und der Unversöhnlichkeit sich ausbreitet. Wir werden Lichter der Menschlichkeit entzünden, wir werden den Ruf des Friedens und der Versöhnung dagegensetzen und immer wieder ertönen lassen.“

Der Diözesanadministrator des Bistums Dresden-Meißen, Andreas Kutschke, betont: „Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. In einer globalisierten Welt lassen sich Probleme nicht einfach ‚ausgrenzen’. Als christliche Kirchen haben wir den Auftrag, die Botschaft Jesu der Nächstenliebe und der Geschwisterlichkeit in der Welt von heute zu bezeugen und zu leben. Unsere gemeinsame Initiative kann ein hoffnungsvoller Impuls dazu sein.“

Die gemeinsame kirchliche Aktion soll deutlich machen, dass das Gebot der Menschlichkeit allen gegenüber gilt. Menschlichkeit bedeute dabei zum einen, den Menschen vor Ort zuzuhören und ihre Sorgen ernst zu nehmen. Zum anderen bedeute sie auch die konkrete Unterstützung und Hilfe für alle diejenigen, deren Not wir sehen und erleben. Landesbischof Dr. Carsten Rentzing: „Der Grundsatz der Menschlichkeit ist in der christlichen Botschaft tief verwurzelt, aber er besitzt auch darüber hinaus Gültigkeit. Nur so können wir ein positives gesellschaftliches Klima schaffen, welches wir gerade in herausfordernden Zeiten so dringend brauchen, um die anstehenden Sachfragen zu lösen.“

Oschatzer Unternehmer zeigt typisch deutsches Handwerk

Flüchtlinge besichtigen Bäckerei Taube in Merkwitz

Oschatz: Auf großes Interesse stieß Bäckermeister, Nils Taube als er den in Oschatz untergebrachten Flüchtlingen die typisch deutsche Backkultur erklärte und seine erst vor Kurzem neu eröffnete Produktionsstätte vorstellte. Er beeindruckte dabei nicht nur mit einer hochmodernen Produktionshalle, sondern auch mit seinem persönlichen Anspruch an eine besondere Qualität der Backwaren. Zum Abschluss überraschte Nils Taube mit einem vielversprechenden Angebot für die arbeitswilligen Flüchtlinge.

Wir sind in der glücklichen Lage, uns keine Gedanken über Krieg und Unterdrückung machen zu müssen. Wir leben in einer Demokratie“, mit diesen Worten leitet Nils Taube, Bäckermeister und Geschäftsinhaber der Backhaus Taube OHG in Merkwitz seine Führung durch die moderne Bäckerei ein. Er hat die in Oschatz untergebrachten Flüchtlinge eingeladen, einen typisch deutschen Handwerksbetrieb zu besichtigen. Nur allzu gut kann er nachvollziehen, wie es sich anfühlen muss, wenn man voller Erwartungen und Hoffnungen an ein besseres Leben in Deutschland ankommt, um dann von täglicher Langeweile geplagt zu sein – eine Zeit des ewigen Wartens, zum Beispiel auf die Entscheidung über den gestellten Asylantrag, eine Wohnung, eine Arbeitserlaubnis oder auch einen wohnortnahen Schulbesuch der Kinder.

Das Oschatzer Bündnis für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz ist mit den Sorgen der neu ankommenden Flüchtlinge vertraut und organisiert Angebote zur Integration im Oschatzer Raum. Außerdem soll den Flüchtlingen der Einstieg in unsere Kultur erleichtert werden. Über die Möglichkeit der Besichtigung eines Oschatzer Unternehmens sind die ehrenamtlich Tätigen des Bündnisses besonders erfreut. Bäckermeister Nils Taube verbindet in seinem Backhaus alte Backtraditionen mit modernster Technik. Über seinen erst kürzlich eröffneten Neubau in Merkwitz ist er besonders stolz. Er führt die interessierten Flüchtlinge durch die Produktionshalle mit Lager-, Kühl- und Technikräumen.

Die Asylbewerber erfahren Schritt für Schritt wie typisch deutsche Backwaren hergestellt werden. Beim Rundgang erklärt Nils Taube nebenbei auch, welche Brotsorten die Deutschen besonders mögen. Erstaunt bleiben einige Männer vor den riesigen Mehltanks stehen und machen Fotos von den hochmodernen Maschinen. Besonders beeindruckt sind sie von dem ausgeklügelten System der Gas- und Stromversorgung sowie der Wärmerückgewinnungsanlage.

Wir suchen händeringend Fachpersonal für unser Backhaus, sowohl in der Backstube als auch im Verkauf“, erklärt Taube im Gespräch. Stellenofferten blieben bislang ohne Erfolg. Der Bäckermeister wäre auch gern bereit, Asylsuchende mit einer Arbeitserlaubnis einzustellen oder ausländische Lehrlinge auszubilden. Einige von ihnen haben bereits Erfahrungen in dieser Branche und würden sofort bei ihm anfangen wollen.

Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man seine Heimat aufgeben muss, um in einem anderen Land neu anzufangen, wenn man auf der Suche nach Akzeptanz, Arbeit und einem besseren Leben ist. Ich war selbst als DDR Flüchtling in einem Auffanglager und habe damals Hilfe und Unterstützung erhalten,“ blickt Bäckermeister Nils Taube zurück.

Bereichert um viel Wissen über die deutsche Backkultur, das vielversprechende Stellenangebot sowie die Akzeptanz durch den Oschatzer Unternehmer verlassen die Flüchtlinge an diesem Tag das Backhaus Taube in Merkwitz.

BroetchenanlageBäckermeister Nils Taube führt den Flüchtlingen die Brötchenanlage seiner Bäckerei vor.

LagerraeumeBesichtigung der Lagerräume der modernen Bäckerei

HandwerksbetriebDie Flüchtlinge freuen sich über die Einladung, einen typisch deutschen Handwerksbetrieb kennenzulernen.

BesichtigungNach der Besichtigung kommt der Oschatzer Unternehmer mit den Flüchtlingen ins Gespräch.

Text & Fotos: M&M Mediation & Marketing

Fußballcamp in Wermsdorf

Für Lorian Maliqi geht ein großer Wunsch in Erfüllung

Wermsdorf: Aller zwei Jahre findet in Wermsdorf ein Fußballcamp organisiert vom FSV Blau-Weiß Wermsdorf e.V. statt. In diesem Jahr nahmen 80 Kinder und Jugendliche im Alter von 6-15 Jahren teil und hatten Spaß am Training. Einer der Teilnehmer war Lorian Maliqui aus dem Kosovo. Seit kurzer Zeit wohnt er mit seiner Familie in Oschatz. Für den Jungen ging mit der Teilnahme am Camp ein großer Wunsch in Erfüllung.

Eines Tages kam Lorian mit einem Flyer vom Fußballcamp in den Deutsch-Unterricht und fragte, ob ich ihm beim Anmelden behilflich sein kann“, erinnert sich Elfriede Herrmann. Elli, wie sie von ihren Schülern genannt wird, ist mehr als eine Deutschlehrerin für die derzeit 119 Oschatzer Flüchtlinge. Sie unterstützt bei alltäglichen Fragen, hilft den Flüchtlingen, sich im Alltag zurechtzufinden und macht ihnen auch klar, wie die Spielregeln in Deutschland funktionieren.

Ich habe mir gedacht, so schwer kann die Anmeldung nicht sein. Ganz so einfach war es dann aber doch nicht“, so Elli Herrmann.

Das Oschatzer Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit und der FSV Blau-Weiß Wermsdorf e.V. waren sofort bereit zu unterstützen. Das Bündnis verfügt über einen Spendentopf, der von der Oschatzer Kirchgemeinde verwaltet wird. Mit dem Geld werden vielfältige Aktivitäten und Angebote unterstützt, die zur Integration vor Ort beitragen. Die Angebote sind für die Flüchtlinge nicht kostenfrei. Für Angebote, die in Anspruch genommen werden, muss stets auch ein Eigenanteil eingebracht werden. Und so konnte auch für Lorian Maliqi die Teilnahme am Fußballcamp ermöglicht werden.

Ein Rädchen hat ins andere gegriffen und die Anmeldung für Lorian hat geklappt“, freut sich Elli Herrmann. André Kamm vom FSV Blau-Weiß Wermsdorf e.V. unterstütze nicht nur die Anmeldung von Lorian, er kümmerte sich gemeinsam mit Elli Herrmann auch um die Bereitstellung von Fußballschuhen.

Ich bin so dankbar. Es ist unfassbar, wie sich die Leute um uns kümmern“, strahlt Lorian, der sichtlich Freude am Training hatte. „Das allerbeste ist,“ so der 12jährige „ich darf jetzt beim FSV Blau-Weiß Wermsdorf trainieren und am Wochenende sogar bei den Spielen dabei sein“. Eine Mitgliedschaft im Verein bedeutet, dass der Junge zu den gleichen Konditionen wie andere Jugendliche dabei sein und sich auch am Vereinsbeitrag beteiligen muss.

Beim Fußballcamp in Wermsdorf ging es für Lorian um mehr als „nur“ Fußball spielen. Dem Jungen hat das Trainingswochenende ein Stück Normalität gegeben. Er konnte das tun, was Jungs in seinem Alter gern tun, sich unter ihresgleichen bewegen, Spaß haben, gemeinsam lachen, Ehrgeiz entwickeln. Die Mühe, die die Beteiligten auf sich genommen haben, hat sich in jedem Fall gelohnt. Am Sonntag nach dem Camp war Lorian K.O., aber glücklich. „Ich bin sogar zweitbester Torschütze geworden“, strahlt der 12jährige.

Lorian

 

Lorian übt Kopfbälle mit Cheftrainer Karsten Hartmann.

Flüchtlinge beköstigen Festbesucher

Oschatzer Allgemeine vom 22.06.2015

Landestypische Rezepte mit Oschatzern ausgetauscht

Oschatz. Die spontane Idee Uta Schmidts ist so einfach wie genial: Als Vertreterin des Oschatzer Bündnisses für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz sorgte sie am Sonnabend für eine internationale Bereicherung des Stadt- und Vereinsfestes. „Einige der Flüchtlings-Familien, die in Oschatz leben, haben bei unseren Zusammenkünften bereits landestypische Speisen mitgebracht. Ich habe mir überlegt, dass diese wichtige Willkommensgeste auch den anderen Oschatzern gezeigt werden sollte. Denn wer gemeinsam isst, kommt auch leichter ins Gespräch“, ist die Oschatzerin überzeugt. Man habe lange überlegt und sich schließlich für das Stadtfest als Rahmen dafür entschieden, um eine möglichst große Öffentlichkeit Teil an dem Projekt haben zu lassen. Gastfreundschaft wird in Syrien, Al-
banien, Tunesien und dem Kosovo – den Ländern, aus denen Asylbewerber nach Oschatz kamen – groß geschrieben, sagt Schmidt. Davon konnten sich die Stadt- festbesucher überzeugen. Gegen eine Spende konnten sie am Stand des Fördervereins der evangelischen Kindertagesstätte „Unterm Regenbogen“ Gerichte verkosten. Der Erlös soll zu gleichen Teilen dem Kindergarten in der Rudolf-Breitscheid-Straße und der Flüchtlingsarbeit der Kirchgemeinde St. Aegidien zugute kommen, so die Bündnisvertreterin. Insgesamt beteiligten sich drei Familien und brachten so den Oschatzern ihr kulinarischen Kostproben näher. „Wir haben ihnen unverbindlich das An-
gebot gemacht und uns von der Resonanz überraschen lassen“, so Schmidt. Kurz nach 17 Uhr hatte sich dann bereits eine kleine Schlange am Stand gebildet. Die Oschatzer nutzten die Gelegenheit und tauschten das eine oder andere Rezept mit den Gästen aus. Gereicht wurden unter anderem ein tunesischer Auflauf vom Ofenblech, in seinem Herkunftsland als Tajine bekannt. Zubereitet von Abi Rhasad und seiner Frau Nedra, beinhaltet die Kost unter anderem Kartoffeln, Erbsen, Petersilie, Eier, Käse und Hühnerleber sowie eine Auswahl landestypischer Gewürze. Welche das sind, verrieten die Köche nicht.

Familie Rhasad

 

Familie Rhasad hat tunesischen Gemüseauflauf zum Fest mitgebracht. Foto: DH

 

Oschatzer Lions Club unterstützt Integration von Flüchtlingen

Oschatz: Es war ein besonderer Termin zu dem sich Vertreter der Lions und des Oschatzer Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit getroffen hatten. Im Garten des Pfarrhauses übergaben die Oschatzer Lions einen Scheck, mit dessen Hilfe die Integration Oschatzer Flüchtlinge unterstützt werden soll.

Die Lions haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu helfen, die unverschuldet in Not geraten sind. Unsere Hilfe ist unabhängig von Religion und Konfession“, schildert der Präsident der Oschatzer Lions, Holger Schmidt den Hintergrund des Termins. „Wir haben gemeinsam den Entschluss gefasst, die Integrationsarbeit, die das Oschatzer Bündnis leistet zu unterstützen“, ergänzt Schmidt. Wichtig sei es laut Schmidt, die Bereiche zu unterstützen, die nicht zur Pflichtaufgabe der Verwaltung zählen.

Das Oschatzer Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit kümmert sich seit Ende 2014 um die Schaffung von Angeboten, die den Flüchtlingen die Möglichkeit geben, in Oschatz Fuß zu fassen. Mit Hilfe ehrenamtlich engagierter Oschatzer ist es gelungen, Freizeit- und Begegnungsangebote zu schaffen, die sehr gut angenommen werden. Hierzu zählen gemeinsame Fußballtrainings, Tee trinken, Spielenachmittage für Familien und die Besichtigung Oschatzer Einrichtungen. Mit Hilfe von Patenschaften soll es gelingen, den Asylbewerbern die deutsche Kultur und Sprache näherzubringen und eine Orientierung im Alltag zu ermöglichen. In finanzieller Hinsicht entstehen dabei Kosten, für die es bislang keine Finanzierungsmöglichkeiten gibt. Hierzu zählen beispielsweise Raummieten, Transportkosten, Versicherungs- oder Teilnahmegebühren, die Privatpersonen und Vereine bislang aus eigener Tasche zahlen müssen. Mit Hilfe der Lions-Spende sollen diese, oft kleinen Beträge finanziert werden. Die Finanzspritze hilft dabei, schnell und unkompliziert Begegnungsangebote zu schaffen.

 

Stellvertretend für das Oschatzer Bündnis nahm Pfarrer Christof Jochem den Scheck der Lions in Empfang. „Ich danke den Mitgliedern des Lions Clubs von ganzem Herzen für diese Unterstützung“, erklärte Pfarrer Christof Jochem. „Für die Kirchgemeinde war es von Beginn an eine Frage der Menschlichkeit, die Integration der geflüchteten Menschen zu unterstützen. Der Lions Club setzt mit der Spende ein bedeutendes Zeichen für ein weltoffenes Oschatz, das Menschen in Not hilft,“ so Jochem. Die Kirchgemeinde hat einen Spendenfond eingerichtet, aus dem Geld für Vereine, Unternehmen und Privatpersonen unbürokratisch abrufbar und als Anschubfinanzierung gedacht ist.

 

Scheck

Pfarrer Christof Jochem und Uta Schmidt vom Oschatzer Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit nahmen den Check der Oschatzer Lions in Empfang.

Text: Anja Terpitz

 

Musik verbindet: Oschatzer und Flüchtlinge greifen in die Saiten

Oschatzer Allgemeine vom 02.05.2015

Begegnungsabend in Musikschule gelingt / Hornemann: „Fast ein bisschen Partystimmung“

Oschatz. Es war ein Versuch – und der ist geglückt: Bei einem offenen Abend in der Oschatzer Außenstelle der Kreismusikschule begegneten sich in ungezwungener Atmosphäre Musikfreunde aus der Region und Flüchtlinge, die derzeit in der Stadt leben.
Initiiert hatte die Veranstaltung Musikschul-Mitarbeiterin Sarah Schmidt. „Ich bin einfach mal aus Neugier abends mit Freunden zum Heim gegangen und hab die Leute dort angesprochen“, sagte sie. Dabei habe sie gemerkt, dass die Flüchtlinge, die etwa aus Syrien nach Oschatz gekommen sind, froh waren, dass jemand Interesse gezeigt hat und auf sie zugekommen ist. „Sie haben zum Teil sehr Schlimmes im Krieg erlebt und verarbeiten das auch mit Hilfe von Musik . Dieses Interesse hat uns verbunden“, beschrieb die junge Frau.
Gemeinsam mit Susanne Hornemann von der Oschatzer Außenstelle der nordsächsischen Musikschule „Heinrich Schütz“ habe sie dann überlegt, welches Angebot man den Menschen hier machen kann: „Wir wollten einen offenen Abend bieten mit einem Konzert unserer Schüler und Ensembles und einem gemeinsamen Essen.“ Eine Idee, die offenbar ankam: „Das Konzert war sehr gut besucht, der Saal voll“, freute sich Susanne Hornemann. Von den Flüchtlingen hätten rund 30 Leute, einschließlich Familien mit Kindern, die Einladung angenommen.
Die Stimmung sei toll gewesen, und besonders das Saxofon-Trio der Musikschule habe für Begeisterung im Publikum gesorgt. Diese entspannte Atmosphäre habe auch nach dem Konzert angehalten. „Es wurde gegessen und geredet. Die Kommunikation mit den Flüchtlingen kam trotz Sprachbarrieren besonders gut bei unseren älteren Schülern und den Abiturienten an“, erzählte die Lehrerin, „und da, wo Sprache aufhörte, fing die Musik an.“ So hätten die Gäste bis in den späten Abend Instrumente ausprobiert, gemeinsam getrommelt, gesungen und getanzt. „Das war fast ein bisschen Partystimmung.“
Womöglich ist damit der Grundstein für ähnliche Begegnungen gelegt. Auf alle Fälle können sich Musikinteressierte schon einmal den Tag der offenen Tür vormerken: Dazu lädt die Einrichtung am 8. Juli in die Räume am Dresdener Berg ein. JB

Musik

Flüchtlingskinder fahren auf Rad-Unterricht im Verkehrsgarten ab

Oschatzer Allgemeine vom 28.04.2015

Verkehrswacht Oschatz lädt Asylbewerber zur Ausbildung ein
Von Gabi Liebegall

Oschatz. Fünf Erwachsene und vier Kinder bei der Fahrradausbildung im Verkehrsgarten der Verkehrswacht. Dieser ungewöhnliche Anblick ist ein Angebot des Oschatzer Vereins mit seinem Vorsitzenden Frank Boden für die Oschatzer Flüchtlinge und deren Kinder. „Es gibt noch mehr Angebote, zum Beispiel für ein Training beim RCL oder der Besuch bei einer Künstlerin, die interessierte Flüchtlinge empfängt und ihnen die Welt der Malerei zeigen möchte“, so Susan Terpitz vom Bündnis für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz, das sich ganz besonders um die Oschatzer Ausländer aus den Krisengebieten kümmert.
Henry Schomaker von der Verkehrswacht erklärt, dass es nicht in erster Linie darauf ankommt, das Radfahren zu lernen, sondern auf die Regeln. Als erstes erklärt er den Kindern, die viel Freude am Radeln haben und auch schon ganz gut deutsch sprechen, wie man sich beim Linksabbiegen verhalten muss. „Zuerst kommt der Schulterblick, dann wird die Hand nach links heraus gestreckt. Und wenn die Straße frei ist, kann links abgebogen werden.“
Außerdem erfahren die „Kursmitglieder“, was alles zu einem Fahrrad gehört, damit es sicher genug ist für den Straßenverkehr. „Autofahrer gehen davon aus, dass Sie die Regeln genau so beherrschen.“
Das, was hier erläutert wird, wird von Moez Fehri übersetzt. Er arbeitet beim Landratsamt Nordsachsen und ist ein unentbehrlicher Helfer bei der Koordinierung der Flüchtlingsangelegenheiten.
Die fünf anwesenden Männer aus Ländern wie Syrien und Libanon zeigen sich interessiert und können sich vieles erst einmal nicht erklären. Auf Frage von OAZ, ob es in ihren Ländern nicht auch Regeln für den Straßenverkehr gibt, muss Moez lachen. „In diesen Ländern wird das nicht so eng gesehen, vielmehr wird mit Geld geschmiert. Da fragt ein Behördenmitarbeiter, ob der Antragsteller Auto fahren kann. Der sagt ja und hat kurz darauf eine Fahrerlaubnis in der Hand.“
Die Männer haben oft eine andere Sicht auf den Straßenverkehr. Henry Schomaker erklärt die Rechts-vor-Links-Regelung. Fakt ist, dass bei einer Kreuzung ohne Verkehrschilder das von rechts kommende Fahrzeug die Vorfahrt hat – auch wenn es ein Fahrrad ist.
Hier haken die ausländischen Männer nach. Für sie kann es nicht sein, dass – wie zu Hause – ein Fahrrad vor einer großen Limousine fahren darf. „Aber so ist es“, betont der Verkehrsexperte.
Während sie diskutieren, fahren die vier Kinder mit ihren kleinen Rädern den Parcours ab. Wenn etwas falsch läuft, heben die mit anwesenden Frauen von der Verkehrswacht freundlich den Finger und erklären es den Kindern richtig. Übrigens haben die Flüchtlinge einige Räder gesponsert bekommen. „Von der Aktion Fahrräder für Afrika waren noch einige übrig“, erklärt Susan Terpitz.
Die Teilnehmer bekommen Lehrmaterial. Das ist zwar in deutscher Sprache, aber die Kinder sprechen schon ganz gut deutsch. Außerdem bietet Schomaker den Ausländern an – wenn immer sie es möchten – den Verkehrsgarten zu nutzen.

Fahrrad