Oschatzer Allgemeine vom 28.04.2015
Verkehrswacht Oschatz lädt Asylbewerber zur Ausbildung ein
Von Gabi Liebegall
Oschatz. Fünf Erwachsene und vier Kinder bei der Fahrradausbildung im Verkehrsgarten der Verkehrswacht. Dieser ungewöhnliche Anblick ist ein Angebot des Oschatzer Vereins mit seinem Vorsitzenden Frank Boden für die Oschatzer Flüchtlinge und deren Kinder. „Es gibt noch mehr Angebote, zum Beispiel für ein Training beim RCL oder der Besuch bei einer Künstlerin, die interessierte Flüchtlinge empfängt und ihnen die Welt der Malerei zeigen möchte“, so Susan Terpitz vom Bündnis für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz, das sich ganz besonders um die Oschatzer Ausländer aus den Krisengebieten kümmert.
Henry Schomaker von der Verkehrswacht erklärt, dass es nicht in erster Linie darauf ankommt, das Radfahren zu lernen, sondern auf die Regeln. Als erstes erklärt er den Kindern, die viel Freude am Radeln haben und auch schon ganz gut deutsch sprechen, wie man sich beim Linksabbiegen verhalten muss. „Zuerst kommt der Schulterblick, dann wird die Hand nach links heraus gestreckt. Und wenn die Straße frei ist, kann links abgebogen werden.“
Außerdem erfahren die „Kursmitglieder“, was alles zu einem Fahrrad gehört, damit es sicher genug ist für den Straßenverkehr. „Autofahrer gehen davon aus, dass Sie die Regeln genau so beherrschen.“
Das, was hier erläutert wird, wird von Moez Fehri übersetzt. Er arbeitet beim Landratsamt Nordsachsen und ist ein unentbehrlicher Helfer bei der Koordinierung der Flüchtlingsangelegenheiten.
Die fünf anwesenden Männer aus Ländern wie Syrien und Libanon zeigen sich interessiert und können sich vieles erst einmal nicht erklären. Auf Frage von OAZ, ob es in ihren Ländern nicht auch Regeln für den Straßenverkehr gibt, muss Moez lachen. „In diesen Ländern wird das nicht so eng gesehen, vielmehr wird mit Geld geschmiert. Da fragt ein Behördenmitarbeiter, ob der Antragsteller Auto fahren kann. Der sagt ja und hat kurz darauf eine Fahrerlaubnis in der Hand.“
Die Männer haben oft eine andere Sicht auf den Straßenverkehr. Henry Schomaker erklärt die Rechts-vor-Links-Regelung. Fakt ist, dass bei einer Kreuzung ohne Verkehrschilder das von rechts kommende Fahrzeug die Vorfahrt hat – auch wenn es ein Fahrrad ist.
Hier haken die ausländischen Männer nach. Für sie kann es nicht sein, dass – wie zu Hause – ein Fahrrad vor einer großen Limousine fahren darf. „Aber so ist es“, betont der Verkehrsexperte.
Während sie diskutieren, fahren die vier Kinder mit ihren kleinen Rädern den Parcours ab. Wenn etwas falsch läuft, heben die mit anwesenden Frauen von der Verkehrswacht freundlich den Finger und erklären es den Kindern richtig. Übrigens haben die Flüchtlinge einige Räder gesponsert bekommen. „Von der Aktion Fahrräder für Afrika waren noch einige übrig“, erklärt Susan Terpitz.
Die Teilnehmer bekommen Lehrmaterial. Das ist zwar in deutscher Sprache, aber die Kinder sprechen schon ganz gut deutsch. Außerdem bietet Schomaker den Ausländern an – wenn immer sie es möchten – den Verkehrsgarten zu nutzen.