Güte und Treue sollen einander begegnen

Christof JochemDer Oschatzer Pfarrer Christof Jochem über Integration, Menschlichkeit und Patenschaften

Seit September 2014 ist auch Oschatz neben anderen Städten und Gemeinden im Landkreis Nordsachsen zum Zufluchtsort für Flüchtlinge weltweiter Krisengebiete geworden. Die Zahl der geflüchteten Menschen  wird auch in diesem Jahr weiter steigen. Die Ev.-Luth. St. Aegidien Kirchgemeinde Oschatz engagiert sich im Bündnis für Demokratie, Menschlichkeit und Toleranz für die Integration vor Ort.

Herr Pfarrer Jochem können Sie einen kurzen Überblick geben, wie viele Asylbewerber derzeit in Oschatz leben?

In Oschatz sind 30 Personen (vorrangig Familien) dezentral, d.h. in Wohnungen und 59 Personen (vorrangig allein reisende Männer in einer Gemeinschaftsunterkunft) untergebracht. Gemessen am der aktuellen Bevölkerungszahl der Großen Kreisstadt sind das 0,6% der Einwohner.

Woher kommen die Flüchtlinge?

Ein Großteil der Flüchtlinge kommt aus Syrien, Teilen der Russischen Föderation, Indien, Pakistan, Libyen und Eritrea. Viele haben eine schwere oft monatelang andauernde Flucht hinter sich.

Wie engagiert sich die Oschatzer Kirchgemeinde für die Integration der Flüchtlinge vor Ort?

Gemeinsam mit der Stadtverwaltung Oschatz, dem Landkreis Nordsachsen, einigen Stadträten und Privatpersonen engagiert sich die Kirchgemeinde im Bündnis für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass sich die Flüchtlinge in Oschatz willkommen fühlen und mit Menschlichkeit und Respekt behandelt werden.

Wie wird das Projekt „Willkommen in Oschatz“ konkret umgesetzt?

Wir schaffen einfache Möglichkeiten der Begegnung. Damit können Berührungsängste abgebaut und die Toleranz gegenüber anderen Kulturen gestärkt werden. Wir sind dabei, ein Unterstützer- und Patennetzwerk ins Leben zu rufen und organisieren verschiedene Treffen zwischen Oschatzer Bürgern und den Flüchtlingen.

Welche Aufgaben können die Paten übernehmen?

Die Patenschaften sind dafür gedacht, den Flüchtlingen dabei zu helfen, sich in unserer Gesellschaft, Kultur und täglichem Leben zurechtzufinden. Aufgaben können sein, Deutsch zu lernen, spazieren zu gehen, gemeinsam zu kochen, Unterstützung beim Einkauf zu geben, kurzum alle Tätigkeiten, die eine Orientierung in unserem Alltag ermöglichen.

Trägt die Arbeit des Bündnisses erste Früchte?

Ja. Es gab bereits eine Reihe von Veranstaltungen, darunter auch ein 1. Tee trinken, mit mehr als 30 Teilnehmern. Dieses soll einmal monatlich stattfinden, um Oschatzer Bürger und Flüchtlinge zusammenzubringen. Derzeit gibt es auch schon 4 Patenschaften. Und es haben sich mehr als 30 Personen gemeldet, die Unterstützung geben möchten.

An welchen Stellen besteht aktuell hoher Handlungsbedarf?

Aktuell ist es wichtig, Freizeitangebote z.B. in Vereinen zu ermöglichen. Erste Anfragen liegen von Oschatzer Vereinen in Punkto Fußball, Handball, Schach, Musizieren und Malen bereits vor. Jeder Verein, der Interesse hat, kann sich gern melden. Besonders wichtig ist es, die 10 Kinder, die in Oschatz leben zu betreuen. Hier werden ganz dringend Beschäftigungs- und Freizeitangebote gesucht.

Materielle Spenden wie Fahrräder, aber auch Spielzeug, z.B. Memorys, Puzzles, Spielfiguren (nur keine Soldaten), Puppen, Bälle, einfache Kartenspiele wie z.B. Uno, Bücher mit vielen Bildern, Stifte, Malbücher, etc. werden besonders benötigt.

Was wünschen Sie sich zum Thema „Integration“ für die Zukunft?

Wenn Menschen ihre Heimat verlassen, dann stecken oft große Konflikte, Sorgen und hohe persönliche Belastungen dahinter. Ich möchte meinen Wunsch mit einem Psalm ausdrücken: Güte und Treue sollen einander begegnen, Gerechtigkeit und Frieden sich küssen.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.kirche-oschatz.de oder unter http://www.oschatzerbuendnis.wg.vu/

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